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Fund des Monats > 2023
Rain, Steam and Speed – The Great Western Railway
William Turner (1844), National Gallery, London, Öl auf Leinwand, 91 × 121.8 cm
Link zur Werkseite Joseph Mallord William Turner | Rain, Steam, and Speed - The Great Western Railway |
NG538 | National Gallery, London
Mit Rain, Steam and Speed befaßt sich der Kunsthistoriker Werner Busch im 4. Kapitel seines Buches
„Die Künstleranekdote“, erschienen bei C. H. Beck (2020).
Neben einer generellen Deutung des Turnerschen Werkes sowie einzelner Bildelemente geht Busch
auch auf folgende anekdotische Überlieferung zu dessen Entstehung ein:
Eine Lady Simon berichtete „in einem ausführlichen Text […] von einer Eisenbahnreise, die sie im Juli 1843
unter dramatischen Wetterverhältnissen, sturmumtost mit der Great Western Railway von der Station Bean
Bridge über Bristol nach London unternommen habe.
In ihrem Abteil hätten zwei ältere Herren gesessen, wobei der Herr ihr gegenüber 'the most wonderfull eyes,
I had ever seen' besessen habe.Kurz hinter Bristol habe er bei starkem Sturm und Regen das Fenster
aufgerissen, er sei zwar durchnässt worden, habe aber begeistert vom Sturm der Elemente und einem mit
großer Geschwindigkeit entgegenkommenden Zug gesprochen. Sie habe es ihm gleich nachgetan.
Dann habe der Herr für zehn Minuten die Augen geschlossen, offenbar um das Erfahrene zu verinnerlichen.
Im Jahr darauf sei sie in der Ausstellung der Royal Academy gewesen, habe Turners Rain, Steam and Speed
gesehen und sogleich gewusst, dass das Bild direkt auf das gemeinsame Erlebnis in der dramatischen Nacht
im Zug zurückgehe und dass der Herr mit den schönen eindringlichen Augen ihr gegenüber Turner gewesen
sei.
Ein Teil der Forschung hat Zweifel an der Authentizität des Berichts geäußert; Turners Bild gebe weder eine
Nacht- noch eine wirkliche Sturmszene wieder, auch die Lokalisierung sei falsch.
Andere schenken Lady Simon mehr Glauben und verweisen auf die künstlerische Freiheit Turners.
Eine allerneueste, man muss wohl sagen, eisenbahngeschichtliche Untersuchung von 2018 hat über ein
ausführliches Fahrplanstudium, die Verfolgung der Streckengeschichte, die Kenntnisnahme von Wetterkalendern
und anderen Aufzeichnungen Lady Simons Bericht Punkt für Punkt bestätigt und geht deshalb
von dessen gänzlicher Authentizität aus.”
Quellenangabe und Anmerkung von Busch dazu:
Olson & Sinclair in: The British Art Journal 19,1,Spring 2018, S. 42-47
Allerdings gibt es bislang keinen Beleg über eine dem o.g. Ereignis zuordenbare Eisenbahnfahrt Turners.